Innovation

Die Zukunft des Nahverkehrs ist bargeld- und papierlos

Interview mit Anja Wenmakers, SWB Bus und Bahn und SWB Mobil

BONNsmart

Wenige Wochen ist der Launch von BONNsmart, dem ersten kontaktlosen Ticketing-System mit Debit- und Kreditkarten im ÖPNV in Deutschland, nun her. Bereits 2017 gab es erste Gespräche zu einem Pilotprojekt, das im Zusammenhang mit der Digitalisierung von kommunalen Verkehrssystemen realisiert werden sollte. Durch die smarte Vernetzung der Kompetenzen aller Partner entstand letztendlich BONNsmart: ein kontaktloses Ticketing-System, das den Menschen die öffentlichen Verkehrsmittel in Bonn zugänglicher macht. Das papierlose Abrechnungssystem ermöglicht das kontaktlose und mobile Ein- und Auschecken in den Fahrzeugen der SWB Bus und Bahn – sowohl mit NFC-fähigen Debit- oder Kreditkarten als auch mit der im Smartphone hinterlegten Karte. 

Wir haben mit Anja Wenmakers, Geschäftsführerin SWB Bus und Bahn und SWB Mobil, über das Partnerprojekt und die Zukunft des Nahverkehrs gesprochen:

 

Anja Wenmakers, SWB
Anja Wenmakers, Geschäftsführerin SWB Bus und Bahn und SWB Mobil

 

Liebe Frau Wenmakers, zunächst einmal: Herzlichen Glückwunsch zum erfolgreichen Start von BONNsmart. Ein aufregendes Projekt, das den Einwohner:innen und Pendler:innen in Bonn das Reisen mit Ihren Bussen und Bahnen einfacher machen soll. Aber warum ist gerade Bonn die ideale Stadt für kontaktloses Bezahlen im öffentlichen Nahverkehr in Deutschland?

Bonn bietet sich infrastrukturell für ein solches Vorhaben sehr gut an: Es ist eine UN-Stadt mit Flughafen und ICE-Anbindung und dennoch ist das Testgebiet überschaubar. Die 320.000 Einwohner:innen, die knapp 200.000 Pendler:innen und darunter etwa 140.000 Fahrkarten-Abonnent:innen ergeben eine gute Menge potenzieller Nutzer:innen für das neue Ticketing-System. 

Wie sah der typische Pendler:innenalltag aus? Und wie hat BONNsmart ihn verändert?

Vor allem für Besucher:innen, Kongressteilnehmer:innen und Menschen, die die öffentlichen Verkehrsmittel bislang eher selten nutzen, bietet BONNsmart große Vorteile. Sie profitieren von dem einfachen Fahrkartenkauf, denn Barrieren wie etwa mangelnde Tarifkenntnisse werden abgebaut und der ÖPNV wird dadurch zugänglicher gemacht. Für die Pendler:innen, die bereits ein Abo besitzen, ändert sich nichts – sie können wie gewohnt ihre Tickets nutzen.

Das klingt einfach und vor allem benutzerfreundlich! 

Das ist es auch! Durch die Best-Price-Abrechnung profitieren alle Fahrgäste von dem neuen, bequemen Ticketing-System. Hinzu kommt, dass niemand mehr anstehen oder einen Automaten bedienen muss, und auch Tarifkenntnisse sind nicht erforderlich. Das gilt für alle, die eine kontaktlose Debit- oder Kreditkarte haben, oder ein mobiles Gerät, auf dem die Karte hinterlegt ist. 

Sieht so also die Zukunft des Nahverkehrs aus? 

Eines steht fest: Auf jeden Fall ist die Zukunft bargeldlos und ohne Papierticket! Wir wollen den Menschen die ÖPNV-Nutzung so einfach wie möglich machen, genau durch so ein Projekt wie BONNsmart. Darüber hinaus kann das neue Ticketing-System auch eine Datenbasis schaffen, die den Verkehrsträgern hilft, ein effizienteres, bedarfsgerechtes Nahverkehrsangebot auszuarbeiten. Von der Balance zwischen Angebot und Abrechnung profitieren dann wiederum die Kunden. 

Dann steht uns in Städten also eine Zukunft ohne Autos bevor?

Ich meine, der Mix ist ausschlaggebend. Es geht um das Zusammenspiel aus ÖPNV und Mikromobilität, die mit alternativen Antrieben arbeitet. Die Rolle der Autos, wie wir sie heute kennen, wird wahrscheinlich immer unwichtiger. Es ist denkbar, dass Sharing-Systeme immer weiter in den Vordergrund rücken. Doch das ist eine politische Entscheidung, die bei den Städten und Gemeinden liegt.  

Sharing-Systeme ist ein gutes Stichwort – welche Rolle spielen Trends wie Nachhaltigkeit und Sharing-Angebote in Zukunft im Nahverkehr, auch oder vor allem in Bezug auf die Mobilitätswende?

Wenn wir über Nachhaltigkeit im Nahverkehr sprechen, dann sind Sharing-Modelle kein Trend, sondern ein notwendiger Baustein. Last-Mile-Scooter zum Beispiel sind eine gute Ergänzung zum ÖPNV. Das Fahrrad erfährt durch Corona eine Renaissance und spielt insbesondere auf den Straßen und Wegen der Innenstädte eine Rolle. Das hat die SWB schon vor Jahren erkannt und zusammen mit dem Partner nextbike ein Fahrradvermietsystem in Bonn etabliert. Kurze Zeit später kam die Kooperation mit dem E-Scooter-Anbieter TIER dazu. Die Vermietungszahlen dieser Unternehmen in Bonn sprechen für sich. Durch die Kombination zwischen individueller Mikromobilität und dichtem ÖPNV-Netz in Städten entsteht ein bequemes Konzept – das Auto kann da aus verschiedenen Gründen immer weniger mithalten. 

Wie schnell erwarten Sie, dass andere Städte nun nachziehen und ähnliche Konzepte wie BONNsmart einführen? Stehen Sie im Austausch mit anderen Städten?

Selbstverständlich stehen wir mit Nahverkehrsunternehmen in anderen deutschen Städten in Kontakt. Die Verkehrsverbünde sowie der Verband deutscher Verkehrsunternehmen tauschen sich stetig aus. Bonn war und ist schon immer zukunftsorientierten Projekten gegenüber sehr aufgeschlossen – bundesweit ist das Interesse an diesem Projekt sehr groß, es gibt bereits einige Anfragen. 

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Wenmakers.

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